Essen mit Nadeschda ist weiterhin eine Qual. Wenn überhaupt besteht ihre Diät aus Fleischwurst, Weißbrot und Gurken; manchmal isst sie auch Kartoffelbrei oder Nudeln. Alle anderen Versuche, ihr andere Nahrungsmittel anzubieten, torpediert Nadeschda im wahrsten Sinne des Wortes. Häufig fliegt ihr Teller dann vor Wut durch das Esszimmer. Vor allem wenn es Griesbrei, Milchreis und Haferbrei gibt. Ich habe das Gefühl, dass ihr schon beim schieren Anblick von Brei schlecht wird und sie sich mit aller ihr zur Verfügung stehenden Kraft gegen dieses Essen wehren will. Als ginge es um ihr Leben. Ihr irgendeinen Brei zu essen zu geben, versuche ich auch nur jeweils einmal. Spätestens nach dem dritten Anlauf habe ich verstanden, dass ich ihr damit nichts Gutes tue. Und mir ist die Lust auf die Sauerei in unserem Esszimmer in der Zwischenzeit vergangen. Bei Nadeschdas eingeschränkter Nahrungsaufnahme versuchen Richard und ich uns jeden Tag von neuem in Geduld zu üben, wie Dr. Müller es uns geraten hat. Doch das fällt uns zunehmend schwerer. Inzwischen ist der Kinderarztbesuch einen Monat her, und Maxim und Nadeschda sind seit zwei Monaten bei uns. Immer wieder fragen wir uns, wie lange das noch so gut geht. Noch nimmt Nadeschda nicht ab, aber auch nicht zu. Meistens ist ihr Stuhlgang normal und ihre Gemütsverfassung fröhlich. Aber immer häufiger quälen sie in den letzten Tagen starke Bauchschmerzen. Und heute hatte sie zum ersten Mal heftigen Durchfall.