Die bunte Enkelschar meiner amerikanischen Mutter

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Richard hat streng genommen drei Schwiegermütter. Die liebste ist ihm diejenige, die (leider) am weitesten weg wohnt: Meine „Ersatzmutter“ Lyann in den USA. Lyann ist uns so lieb und teuer, eben nicht weil sie so weit weg ist und uns nicht stören oder belästigen kann, sondern weil sie so eine wunderbare Frau ist und uns mit so viel Fürsorge das Gefühl von Geborgenheit und bedingungsloser Liebe gibt.

Meine Kindheit, an deren Ende ich eine biologische Mutter und eine Stiefmutter hatte, war aus vielen Gründen nicht die glücklichste. Das Beste was mir passieren konnte, war ein längerer Aufenthalt in den USA bei Lyann und ihrer Familie. Sie war damals in zweiter Ehe verheiratet, hatte insgesamt fünf Kinder, zwei eigene aus ihrer ersten Ehe und drei Stiefkinder aus der ersten Ehe ihres Mannes. Ich wurde als ihr gemeinsames Kind angenommen und in die Familie aufgenommen. Zum ersten Mal erfuhr ich, wie es war, nicht für das geliebt zu werden, was man tat, sondern allein für das, was man einfach war. Ich fühlte mich akzeptiert und wertgeschätzt, konnte zum ersten Mal einfach ich selbst sein. Auch nach meiner Rückkehr nach Deutschland hielten wir über alle die Jahre und Jahrzehnte intensiven Kontakt und bis heute bin ich ihre „German Daughter“. Selbst mit Maxim und Nadeschda sehen wir uns einmal im Jahr für eine längere Zeit.

Mit Lyann lernte ich, dass Familie auch anders sein kann, ohne genetische Bande funktioniert und gelebt wird. Von ihren sechs Kindern ist leider eine Tochter recht jung gestorben.Alle anderen leben in Beziehungen und haben inzwischen alle Kinder. Als letzter komplettierte mein amerikanischer Gastbruder in der vergangenen Woche den bunten Enkelreigen. Denn die Enkelschar ist wirklich bunt und so vielschichtig, wie eben Kinder in unserer heutigen Zeit zu uns kommen können. Anführen tut die Schar Emily, die uneheliche Tochter meiner ältesten Gastschwester. Ihr Vater ist Mexikaner. Mehr wissen wir nicht. Danach folgte Harry, das „normalste“ Kind, geboren als einziger Sohn aus einer glücklichen Ehe meiner zweiten Gastschwester. Dann ist da Kate, entstanden aus einer Samenspende und Tochter meiner dritten Gastschwester  und ein Regenbogenkind. Maxim und Nadeschda, aus Russland adoptiert, sprechen von Lyann immer liebevoll als ihrer amerikanischen Grandma. Und schließlich vervollständigte James nun vor ein paar Tagen den bunten Enkelreigen, in den USA als Säugling nach einer langen Adoptionsreise meines Gastbruders adoptiert. All diese Kinder werden von Lyann als ihre Enkel gleichwertig wertgeschätzt und geliebt. Sie nimmt jedes Kind ungeachtet seiner Herkunft an, so wie es ist, einzigartig und wunderbar.

Jedes Jahr, wenn wir uns sehen, kommen wir zu einem großen Familientreffen zusammen. Ein Foto von Grandma Lyann mit all ihren Enkeln gehört dabei zum rituellen Erinnerungsstück. Das aktuellste steht immer auf meinem Schreibtisch. Wenn ich es betrachte, denke ich jedes Mal: Liebe liegt einfach nicht in den Genen. Sie wächst aus dem Herzen.

5 Gedanken zu “Die bunte Enkelschar meiner amerikanischen Mutter

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