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Vor wenigen Wochen rief die Schule an. Ich war gerade erst selbst von der Schule nach Hause gekommen, wo ich Maxim beim Bau seines Hauses im Unterricht geholfen hatte. „Ja, der Maxim ist ohnmächtig geworden. Jetzt liegt er hier. Es geht ihm zwar wieder ganz gut. Ich glaube aber, dass es besser wäre, wenn Sie ihn abholen, Frau Weiss.“ hörte ich die Stimme der Schulsekretärin am anderen Ende der Leitung. Mir rutschte das Herz in die Hose. Natürlich machte ich auf dem Absatz kehrt und fuhr zur Schule zurück. Der Lehrer, in dessen Unterricht Maxim umgekippt war, schilderte mir noch einmal die Situation: Sie haben in der Klasse stehend gesungen. Plötzlich setzte sich Maxim hin, mit den Worten, ihm sei schlecht. Sekunden später sank er in sich zusammen, fiel dabei gegen seinen Sitznachbarn und war weg. Als der Lehrer ihn versuchte anzusprechen, zuckte Maxim drei bis fünf Mal krampfartig zusammen. Dann kam er wieder zu sich und guckte den Lehrer nur fragend an. Er war wirklich weggewesen.
Während wir so im Sekretariat saßen, war Maxim immer noch etwas neben sich, wirkte blass und angeschlagen. Ich versuchte den Kinderarzt zu erreichen, zunächst vergeblich. Denn in Anbetracht von Maxim’s Vorgeschichte, die mir sofort wieder durch den Kopf schoss, als der Lehrer das Zucken erwähnte, mussten wir zum Arzt gehen und konnten die Ohnmacht nicht einfach auf sich beruhen lassen. Schnell organisierte ich Nadeschda’s Betreuung um, sagte meine Termine für den Nachmittag ab und verließ mit Maxim die Schule. Im Auto erreichten wir zum Glück den Kinderarzt. Wir durften vorbeikommen. Während der Autofahrt schaute ich öfter besorgt in den Rückspiegel zu Maxim als auf die Straße. Was, wenn nun doch das alte Gespenst der Epilepsie wiederkehrte, vielleicht nie weg war, sondern nur auf den „richtigen“ Zeitpunkt gewartet hatte, um aus den Tiefen des Vergessens wieder aufzutreten? Nur weil wir damals Epilepsie als Diagnose ausschließen konnten, hieß das nicht zwangsläufig, dass wir, vor allem Maxim, davon auf immer und ewig verschont blieben. Oder was war, wenn etwas anderes dahinter steckte? Ich versuchte mich zu fokussieren und sagte mir immer wieder, egal was es war, auch über diese Brücke würden wir gehen können.
Was alles noch eine Ursache für die plötzlich auftretende Ohnmacht sein konnte, erfuhr ich erst beim Kinderarzt: Diabetes, Herzrhythmusstörungen, etc. Die zwei ersten genannten konnte der Arzt dank Schnelltest ausschließen. Am Ende blieb erst einmal, dass eine Ohnmacht durchaus in dem Alter vorkommen konnte. Das mochte auch mit dem Wachstum und den einschießenden Hormonen zu tun haben. Natürlich eigentlich bei Mädchen häufiger als bei Jungen. Genauso konnte es aber auch die Hitze an dem Tag gewesen sein, gepaart mit der Luft im Klassenraum, die nach dem Häuserbauen geschwängert war mit Ausdünstungen von Leim, Heißkleber, Holz, etc., die zu Maxim’s Ohnmacht geführt hatten. Um die genaue Ursache herauszufinden, müssten wir auf eine Wiederholung der Ohnmacht warten. So unbefriedigend dieses Ergebnis war, so beruhigend war es doch auch. Es war nichts, was sofort Handlungsbedarf nach sich zog. Dennoch, das Gespenst ist wieder da. Denn sollten sich die Ohnmachten mit krampfartigen Reaktionen wiederholen oder gar häufen, so müssten wir uns einer neurologischen Diagnostik unterziehen.
So warten wir nun ab, sorgen dafür, dass Maxim ausreichend trinkt, beobachten ihn mehr und intensiver, wenn die Temperaturen auf dem Thermometer wieder nach oben schießen. Das Gespenst ist präsent. Aber wir hoffen, dass es nur ein Gespenst bleibt, und keine Realität, die Einzug in unser Leben halten wird.
Bitte, warten Sie nicht! Gegen sie sofort zu Neurologen und machen Sie unbedingt Elektroenzephalographie. Eigentlich sollte Ihren Kinderartz euch sagen, dass es in den nächsten 24 Stunden nach dem Anfall gemacht werden musste. Nach der neurologische Untersuchung und EEG würde ein Neurologe euch sagen, ob es noch Magnetresonanztomographie (MRT) gemacht werden sollte. Und- hat der Arzt muss Blut auf Zucker und Mineralstoffe untersuchen. Herz- hat er EKG gemacht ider nur abgehört? EKG wäre auch wichtig. Leider sind mir persönlich Fälle bekannt, in denen durch das Warten tragisches passiert ist. Ich möchte Sie nicht erschrecken, aber bitte warten Sie nicht.
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Liebe Tina, danke für Deine Worte.
Aber um zu beruhigen und eine wenig die Luft heraus zu nehmen: Es war kein Anfall im klassischen Sinne. Alles andere, Herz und Blut hat der Kinderarzt untersucht. Deshalb konnte er das ja auch ausschließen. Und uns damit beruhigen. Dennoch, ob ein Verdacht auf einen neurologischen Befund zurückkehrt, müssen wir jetzt abwarten. Bisher gibt es keine Indizien dafür. Dennoch, und das war mein Punkt in dem Beitrag: Da kehren dann doch alte Gespenster zurück, von Diagnosen, die wir vielleicht einmal ausgeschlossen hatten. Aber vielleicht werden sie doch Realität. Oder eben auch nicht…. Die Ungewissheit ist der Punkt, die man bei einem leiblichen Kind nicht hätte. Dennoch habe ich auch bei meinem Sohn inzwischen die Gewissheit, einzuschätzen, was er braucht und was er nicht braucht. Und es geht ihm gut…. Dennoch, wir beobachten achtsam…
Liebe Grüße
Charlotte
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Liebe Charlotte,
ich hoffe, dass sich das Gespenst in Erleichterung verwandeln wird. Aus der Familiengeschichte weiß ich, dass im Kindesalter aufgetretene Epilepsie durchaus mehrere Jahrzehnte ruhen kann oder ganz verschwindet. Ich drücke euch die Daumen, dass es deinem Sohn bald besser geht und wünsche dir, dass du deine Sorgen alsbald in Vertrauen verwandeln kannst und ihr einen schönen Sommer genießt.
Viele liebe Grüße
Katja
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