„Zwei Kinder und keine Entbindung?“ – Über die Ignoranz von manchen Frauenärzten….

Kinderzeichnung - Fr meine Mama

Mit freundlicher Unterstützung von Fotolia

Vor ein paar Tagen war ich bei einem Frauenarzt, in einer schicken privaten Praxis und ambulanten Klinik, zu dem mich meine reguläre Frauenärztin überwiesen hatte, um für mich ein „Problem“ ggf. operativ zu lösen. Welches tut hier erst einmal nichts zur Sache, auch weil sich am Ende herausstellte, dass sich mein Problem nicht mit der von ihm angebotenen OP lösen lässt. Richard, mein Mann, fasste das im Nachgang so treffend zusammen: „Das ist ja ein wenig so, wie wenn Du in eine Autowerkstatt fährst, sagst, dass der Motor ein schabendes Geräusch macht, und die Werkstatt tauscht dann erst einmal die Reifen aus.“ Nun denn, sei es drum. 

Was den Besuch in dieser Privatpraxis für mich aber noch mehr zu einer Erfahrung der besonderen Art machte, war zunächst der Fragebogen: Hier hieß es „Anzahl der Kinder?“ gefolgt von „Anzahl der Entbindungen“. Das war ja noch okay, denn ich konnte ja faktisch und tatsachengerecht antworten mit 2 Kindern und keiner Entbindung. Doch als der Arzt dann dieselben Fragen wiederholte, bekam der Besuch in der Praxis eine interessante Wendung. 

Der Arzt: „Wie viele Kinder haben Sie?“ 

Ich: „Zwei.“

Der Arzt: „Okay, dann hatten Sie auch zwei Geburten.“

Ich: „Nein. Keine.“

Der Arzt: „Wie geht denn das? Zwei Kinder und keine Entbindung?“

Muss ich das Gespräch noch weiter fortsetzen? Nein, es ist eigentlich alles gesagt und der Arzt mit seinem Unwissen völlig entlarvt. Noch dazu als Gynäkologe. Er sollte doch eigentlich wissen, auch wenn es vielleicht nicht zu seinem „Kerngeschäft“ gehört und manche Praktiken vielleicht auch in Deutschland nicht erlaubt sind, dass Frauen heute auf unterschiedlichste Art und Weisen Mutter werden können. Unsere Adoption ist der eine Weg. Und mit seiner Nachfrage fühlte ich mich irgendwie diskriminiert. Muss ich gebären, um eine Mutter, eine gute Mutter zu sein? Ich erinnerte mich an die Diskussion mit Maxim vor ein paar Wochen. Dass er mit seiner Geschichte diese Frage stellt, ist mehr als berechtigt. Dass ein Frauenarzt aber mit seiner Ignoranz mein Muttersein in gewisser Hinsicht in Frage stellt, ist eigentlich eine Frechheit. Während ich so darüber nachdenke, kamen mir allein in Maxim’s Klasse noch zwei weitere Mütter, die alle Kinder haben, aber keines davon selbst geboren haben. Denn im Zuge von immer mehr Regenbogenfamilien, aber auch Ausnahmen wie Leihmutterschaften, nimmt doch wahrscheinlich auch die Zahl der Frauen zu, die zwar Kinder haben, aber diese nicht immer gleich zwangsläufig selbst geboren haben. Gerade Frauenärzten*innen sollte das doch wohl bewusst sein?

12 Gedanken zu “„Zwei Kinder und keine Entbindung?“ – Über die Ignoranz von manchen Frauenärzten….

  1. Liebe Charlotte,
    das ist tatsächlich ruppig und gedankenlos – aber manchmal kann eine solche Situation ja auch Anlass sein, andere zum Denken anzuregen?! Hast du dem Herrn (sinngemäß) geantwortet, was du hier schreibst? Könnte aber auch sehr gut verstehen, falls nicht – du bist schließlich kein wandelndes „Aufklärungskomitee“!
    Herzlichen Gruß, Sarah

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    • Ganz ehrlich, nein, nicht direkt. Ich habe schon geantwortet, dass ich meine Kinder adoptiert habe, und das wohl auch so als wäre es das normalste der Welt. Das mache ich meistens. Weil es für mich inzwischen auch „normal“ ist. – So wie es für meine Kinder „normal“ ist, dass Kinder von der einen Mutter geboren und von der anderen groß gezogen werden. Zumindest war das lange so, und erst jetzt sickert so bei meinem Sohn durch, dass das ja eigentlich eher die Ausnahme ist. – Und ich habe auch den Satz nachgeschoben, dass es ja auch noch viele andere Wege gibt, Mutter zu werden… Aber ich war auch so übermannt, ob der geballten Ignoranz, dass mir meine Gedanken erst später kamen… Nein, ich bin noch nicht schlagfertig genug, um die „Aufklärungspolizei“ zu sein… 😉 Und auch emotional noch zu vorbelastet…
      Liebe Grüße Charlotte

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  2. Ich finde die Art und Weise von Ärzten auch sehr oft gedankenlos, ruppig oder respektlos. Meinst du aber nicht, dass es in diesem Fall, wo es um den „Motor“ ging, der Mechaniker wissen muss, wie viele Kilometer das Auto gefahren ist? Ich finde es eine berechtigte Frage, da das „Auto“ viele unterschiedliche Schäden nehmen kann und von daher medizinisch absolut relevant ist, um bei deinem Bild zu bleiben. Dass er dann im zweiten Schritt so blöd nachgefragt hat, wird wirklich nichts moralisches gewesen sein. Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass er dich damit in Frage stellen wollte. Bisschen doof und gedankenlos vielleicht. Ja, es ist inzwischen vieles an Lebensmodellen möglich, aber rein statistisch werden Kinder sicher häufiger von „Bereits vorher“-Eltern aufgenommen und angenommen, z.B. Patchworkfamilien. Und selbst bei den lesbischen Paaren ist meist eine Geburt dabei. Es gibt auch super viele Pflegefamilien, die aber dann auch selbst leibliche Kinder haben. Von daher glaube ich, dass der Fall Kinder und keine Geburt tatsächlich der seltenste Fall ist, wenn man beim Arzt sitzt.

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  3. Liebe Charlotte,

    zugegeben, ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich über das Auftreten des Arztes die Hände über dem Kopf zusammenschlagen oder mitleidig schmunzeln soll.
    Mir ging es vor ca. 2 Jahren ähnlich, als ich meine beiden Großen beim Blutspenden dabei hatte und an drei!!! verschiedenen Stellen (Arzt, Kontrollstelle Fragebogen und Krankenschwester) daraufhingewiesen wurde, dass meine Angaben auf dem Bogen „falsch“ seien. Schließlich hätte ich doch meine beiden Kinder dabei, die mich „Mama“ nennen, da sind die Angaben, dass ich noch nie entbunden habe und noch nie schwanger war, doch sicherlich nicht richtig. Ich antwortete ganz ruhig „doch die Angaben stimmen“ verbunden mit der Aussage, dass man ja heute auf verschiedene Weise Mutter werden kann. Ich hoffte darauf beim Gegenüber das „klicken“ im Gesicht zu erkennen, leider kam es nicht und ich habe gesagt, dass ich nicht die leibliche Mutter bin. Am meisten hat es mich geärgert, dass ich zu diesem Thema im Beisein meiner Kinder und in einer Schlange voll wartender Menschen angesprochen wurde. Meinen beiden Kinder schien diese unpassende Aussage jedoch nichts auszumachen. Sie meinten hinterher nur: „Der Arzt hat wohl auch noch nichts von Adoption gehört!“ Man kann sich also ärgern, oder man kann es – auch wenn es schwerfält – bleiben lassen. Letzteres ist vielleicht der angenehmere Weg.

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  4. Pingback: „Aber mit Deinen Emotionen bist Du allein…“ – Gedanken zur Wurzelsuche meiner (Adoptiv-)Kinder | Charlotte's Adoptionsblog ©

  5. Ich verstehe dich so gut. Ich wurde letztens an der Gebärmutter operiert und als ich bei einer Voruntersuchung meine Tochter erwähnte, meinte er, wie haben Sie das gemacht ohne Geburt? Noch schlimmer fand ich aber, dass er dann meinte, er wird sich bei der OP extra anstrengend, damit ich dann vielleicht doch noch „ein richtiges Kind“ bekommen kann.

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    • Unglaublich! Diese Halbgötter in weiß sind wirklich darauf fixiert, dass sich die Menschheit selbst und unmittelbar ggf. mit ihrer Hilfe fortpflanzt. Dass man sich auch anders den Wunsch nach Muttersein erfüllen kann, und dass es vor allem so viele Kinder auf dieser Welt gibt, die Eltern suchen und brauchen, haben sie nicht auf dem Schirm. Auf der Suche nach einem anderen Arzt, der mein „Problem“ vielleicht lösen kann, stoße ich auch nur auf Koryphäen, die dies könnten mit dem Ziel, dass ich noch Kinder bekommen kann. Dabei will ich das gar nicht….

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  6. Pingback: #bestofElternblogs Mai 2019 | Charlotte's Adoptionsblog ©

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