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Charlotte’s Sonntagslieblinge (142)

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Danke an Pixabay.com

Weil es gestern noch meine #bestofElternblogs im Juni gab, folgen meine Sonntagslieblinge heute etwas später.

Diese Woche ist nicht ganz so gelaufen, wie ich mir das vorgestellt hatte. Eigentlich wollte ich mit meinem Buch weiterkommen, Unterricht vorbereiten, und so viele andere Dinge erledigen. Aber dann war ich nicht so fit und es ging nicht so schnell voran, wie ich mir das gewünscht hatte. Hinzukam, dass es einmal wieder eine „kurze“ Woche war bzw. ist, und wir viel Zuhause sind. Da häuft sich dann wieder das Aufräumen, Hinterherräumen, Struktur aufrechterhalten, wenn sie eigentlich keiner will, schlechte Launen der Kinder ertragen und so vieles mehr. Erst hatte ich gedacht, ich schreibe einmal andere Sonntagslieblinge, so etwas gewürzt mit Ironie: 1. Ich bin dankbar für den Wäschetrockner, der auch noch die Kilometer an Wäsche zusammenlegt, 2. Ich bin stolz darauf, dass meine Kinder endlich nach jahrelanger Erziehung nun wirklich ihre Sachen selbst aufräumen und dass unser Wohn- und Esszimmer nicht mehr aussehen wie ein Schlachtfeld mit Schuhen, Jacken, Schulsachen, Büchern und Spielzeug, über das ich permanent stolpere und 3.  Ich bin so froh, in einer Gesellschaft zu leben, in der die Familienarbeit und Fürsorgearbeit so wirklich anerkannt wird. Aber da das alles nicht so  ist, und ich mir aber vor allem nicht meine wöchentliche Meditation, auch wenn sie mir noch dieser Woche wirklich schwer gefallen ist, nicht nehmen lassen will, bin ich also – und dies wirklich und mit vollem Herzen heute für diese drei Sonntagslieblinge dankbar:

  1. Üben mit Nadeschda ist mittlerweile – zumindest in der aktuellen Phase – eine wahre Freude. Sie ist sehr engagiert dabei, auch wenn sie am Anfang erst immer noch stöhnt. Aber dann nimmt sie ihre Aufgaben, oder die Schreibhefte, mit denen wir im Moment üben, macht ihre Aufgaben, um dann am Ende weiterzublättern, sich die nächsten Aufgaben anzusehen und dann zu sagen: „Mama, morgen mache ich diese Seite und diese Seite und diese Seite und vielleicht auch noch diese Seite. Das macht echt Spass!“ (!!!!) Hey, lernen kann auch Spass machen! Unglaublich!
  2. Maxim hatte ich schon angedroht, dass wir am Freitag Nachmittag sein Zimmer aufräumen und ausmisten, um dann am Samstag neue Regale aufzubauen. Als ich am Freitag mittag mit Nadeschda und ihrer Freundin Zuhause eintraf – Maxim hatte keine Lust gehabt mitzukommen und war zum ersten Mal fast eine Stunde allein zuhause geblieben (gut, Richard arbeitete in unserem Büro gegenüber, also im Notfall wäre jemand da gewesen…) – saß Maxim in einem Berg von Wust in seinem Zimmer und sagte: „Mama, ich hab schon mal mit der großen Schreibtischschublade angefangen. Der Haufen ist Müll, der Haufen sind Sachen, die nicht mehr brauche oder haben will, und der Haufen, den will ich behalten.“ Am Ende freute er sich, wie viel Platz er jetzt wieder in seinen Schubladen hat, denn der Behalten-Haufen war definitiv der kleinste. Und ich freute mich, dass mein Sohn nicht nur zum ersten Mal alleine zuhause blieb, sondern auch noch seine Zeit für etwas genutzt hatte, was ihm eh noch mit mir bevorgestanden hätte…
  3. Immerhin habe ich es dennoch geschafft, an meinem 100 Seiten Projekt in dieser Woche festzuhalten und habe ein neues spannendes Fachbuch begonnen, was mir noch einmal viele Impulse gegeben hat, nicht nur für mein Buch und meine Arbeit, sondern auch für Sunnybees Blogparade….Es geht um Traumarisierung und wie die gesellschaftlichen Umstände und der Leistungsdruck in unserer Gesellschaft immer mehr traumatisierte Kinder produzieren. Es arbeitet in mir…. und das ist gut so…

Habt einen erholsamen und sommerhaften Sonntag und startet wohlbehalten in die neue Woche!

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Charlotte’s Sonntagslieblinge (134)

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Mit freundlicher Unterstützung von Pixabay

Unaufhaltsam rast die Zeit, nun ist der vierte Monat diesen Jahres auch schon wieder eine Woche alt. Noch eine Woche und dann sind Osterferien. Langersehnt, denn die Zeit seit Weihnachten war vor allem für die Schulkinder lang. An allen Ecken und Ende spürt man die Erschöpfung. Ich hingegen verspüre dank des Frühlings neue Energie: Die Kinder und ich haben im Garten gepflanzt, ich habe weiter ein paar Ecken im Haus, in denen sich die Stapel von Ausgemistetem und noch Auszumistendem sammelten, endlich aufgeräumt, die Kleiderschränke Frühjahrstauglich gemacht und vieles mehr. Die Kinder hatten endlich wieder einmal viel Zeit zum Spielen und haben das in vollen Zügen genossen. Eine gute Woche liegt somit hinter uns. Besonders dankbar bin ich heute für diese drei Sonntagslieblinge:

  1. All die Mühen scheinen sich langsam auszuzahlen, das tägliche Üben, der Förderunterricht in der Schule und die Stunden bei der Lerntherapeutin. Allmählich gewinnt Nadeschda Boden im Rechnen. So das erfreuliche Resultat eines Gespräches mit ihrer Förderlehrerin in dieser Woche. Auch wenn ich feststellen musste, dass meine Tochter ihre Lehrerin weiterhin ordentlich um den Finger wickelt
  2. Maxim wird allmählich richtig groß. Er hat einen erneuten Wachstumsschub hinter sich. Neulich stand er neben mir im Bad vorm Spiegel, um seine Haare „zu stylen“; mit einem leicht verdutzen Blick schaute er zu mir herüber: „Mama, ich bin ja fast so groß wie Du.“ Stimmt, als ich neulich ein paar neue Anziehsachen für ihn kaufte, stellte ich fest, dass er nun die Kleidergröße erreicht hat, die auch ich manchmal kaufe, wenn ich in der Kinderabteilung manchmal für mich „wildere“…
  3. Mit meiner vertrautesten Freundin war ich in dieser vergangenen Woche in der Oper. Zum ersten Mal seit Jahren! Es war eine großartige Inszenierung, mit wunderbarer Musik, gutem Gesang und einer fesselnden Geschichte. Wir sind wirklich abgetaucht für zwei Stunden in einen andere Welt. Das war ein fantastisches Erlebnis!

Habt einen erholsamen und frühlingshaften Sonntag und einen guten Start in die neue Woche!

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Von der Wut und der Angst, die dahinter steckt… – neue Sichtweisen auf die Folgen von Traumatisierung

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Mit freundlicher Unterstützung von Fotolia

Von einem Buch, von dem ich wünschte, ich hätte es schon vor Jahren gelesen..

Viel habe ich in den vergangenen Wochen wieder über Traumatisierung und ihre Folgen bzw. Auswirkungen auf die Kinder und ihr Lernverhalten in der Schule gelesen. Begeistert erzählte ich am Wochenende einer Freundin davon, denn uns beide vereinen die Sorgen um die schulische Entwicklung unserer Kinder und der tägliche Kampf gegen die eigenen uns manchmal übermannenden Ängste und das tägliche Ringen mit unseren Kindern, zuhause das nachzuholen, was sie in der Schule aufgrund ihres nach wie vor traumatisierten Zustandes nicht mitbekommen, geschweige denn verinnerlicht haben. Häufig endet gerade dieses Ringen in Wutanfällen, häufig stellt das tägliche Lernen und Üben für die Schule einen extremen Kraftakt dar. – Bei uns inzwischen zwar immer weniger, aber die Momente, in denen die Stimmung kippt, und der Machtkampf droht, gibt es immer noch. Ich hatte gelernt, dass das so ist, in einem Leben mit einem anstrengungsverweigernden Kind. Genauso wie ich weiß, wo die Ursachen der Anstrengungsverweigerung liegen.

Doch es gibt zwei Bücher, die ich in den vergangenen Wochen gelesen habe, die noch einmal meine Sicht auf die Dinge verändert haben. Ja, da ist sehr viel Wut in meinen Kindern. Unbewusste, nicht benennbare Wut. Wut, die mit der Trauer um den Verlust oder das Verlassen werden durch ihre russische Mutter zu tun haben. Trauer um den Verlust einer behüteten frühen Kindheit, die meine beiden Kinder nie gehabt haben. Eine Wut, die die wunderbare Sherrie Eldridge erst in der vergangenen Woche wieder einmal so treffend beschrieben hat. Dennoch es gibt auch eine etwas andere Sicht auf die Dinge, die mir noch einmal die Augen geöffnet hat. Und mir hat so vieles noch einmal klar werden lassen. Zunächst las ich von Heather Forbes „Help for Billy“. Hier schildert die amerikanische Autorin, die selbst zwei Kinder aus Russland adoptiert hat, warum traumatisierte Kinder so schwer in der Schule lernen können, und wie Lehrer mit diesen Kindern umgehen sollten. Primär ist es eine praktische Anleitung für Lehrer. Aber grundsätzlich macht Heather Forbes sehr deutlich, warum gängige Unterrichtspraktiken bei traumatisierten Kindern nicht greifen. Vieles war mir schon bewusst oder ich hatte es anderer Stelle gelesen, doch die Klarheit und Deutlichkeit, mit der sie das formuliert, war mir neu. Spannend war für mich vor allem ihr Ansatz, dass alles, was das traumatisierte Kind tut – gemeint ist vor allem jedes auffällige Fehlverhalten -, aus einer tiefen schmerzhaften Angst passiert, aus der Angst, nicht überleben zu können. So ähnlich, wie ich es schon in meinen Post „Mehr als Manipulation, es geht um’s Überleben…“ angedeutet hatte. Doch in dieser Deutlichkeit, dass sich hinter Verweigerung, Aggression, Wut, Lügen, Stehlen, Trotz, etc. immer nur die Angst steht, hatte ich bisher in dieser Klarheit nicht gelesen.

Das wurde mir erst bewusst und hat in mir selbst noch einmal ein Umdenken in Bewegung gesetzt, als ich Heather Forbes‚ 2. Buch bzw. eigentlich erstes Buch „Beyond Consequences, Logic, and Control“ gelesen haben, in dem sie sich ausschließlich an die Eltern traumatisierter Kinder richtet. Gemeinsam mit ihrem Co-Autor entwickelt sie ein Stress-Modell, aus dem hervorgeht, dass jegliches auffälliges Verhalten eines traumatisierten Kindes auf Angst zurückzuführen ist. Entlang dieses Modells führt sie im folgenden in ihrem Buch aus, warum Verhaltensweise, wie Aggression und Trotz, aber auch Stehlen, Lügen, Horten von Essen und fehlender Blickkontakt immer auf eine tiefe darunterliegende Angst, wieder verlassen zu werden, wieder Hunger zu erleiden, wieder nicht geliebt zu werden zurückzuführen sind. Für die annehmenden Eltern gilt es, nicht in den bisher propagierten Erziehungswegen diesen Kindern diese Verhaltensweisen „abzutrainieren“, sondern die Angst dahinter zu sehen und das Kind mit dieser Angst in bedingungsloser Liebe anzunehmen und zunächst alles daran zusetzen, dem Kind diese Angst in der Situation zu nehmen.

Besonders bewegend ist ihr dem vorangestelltes Kapitel, in dem sie aufzeigt, dass traumatisierte Kinder auch die eigenen Traumata der Eltern berühren und wieder wachrufen. Und sie deshalb die berühmten Köpfchen drücken. Aber auch hier wieder, sie tun dies nicht manipulativ, sondern es wird beim Lesen deutlich, dass das eigenen Trauma etwas ist, das wir Eltern vielleicht in uns tragen. Unsere Kinder reagieren nur darauf bzw. unser eigenes Trauma lässt uns vielmehr so – eben nicht immer adäquat und in der Emotionalität viel zu stark – auf das Verhalten unseres Kindes reagieren. Ich wusste, was gemeint war, als ich mich an meines eigene Wut erinnerte, die ich immer gespürt habe, wenn ich das Gefühl hatte, ich würde auf Maxim einreden, wie auf einen kranken Gaul, er aber gar nicht reagierte. Nicht reagieren, mich ignorieren, war das schlimmste was mir passieren konnte. Denn dieses Nicht gesehen werden, war mein eigenes Kindheitstrauma. Erst mit dem Tod meines Vaters vor ein paar Jahren und mit dem inneren Abschließen mit dem Verhältnis zu meiner Mutter schwand diese alte Wut. Und ich lernte mit Maxim’s Ignorieren anders umzugehen.

Am Wochenende habe ich zu meiner Freundin gesagt: „Vergiss alle andere Adoptionsliteratur, vergiss alle Bücher über Bindungstheorien bei traumatisierten Adoptivkindern. Lies dieses eine Buch. Ich habe beim Lesen gedacht, warum habe ich es nicht schon vor acht Jahren gelesen. Es hätte mir viel Leid und Kampf erspart.“

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Mehr als Manipulation, es geht um’s Überleben – Anstrengungsverweigerung ist kein gezieltes, absichtliches Verhalten

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Photo by Patrick Fore on unsplash.com

Viel beschäftige ich mich gerade einmal wieder mit den Folgen von Frühtraumatisierungen und welchen Einfluss diese auf das Lernverhalten von Kindern haben. Mir schwirren wieder die Situationen mit meinen Kindern auch den Kopf: Nadeschda versucht augenscheinlich, von den Übungsaufgaben abzulenken, in dem sie mir von 38 Begebenheiten in der Schule erzählt, die gerade ja so viel wichtiger sind. Im Rechenförderunterricht verwickelt sie die Lehrerin in ein Gespräch und dabei geht erfolgreich unter, dass sie ja eigentlich die Stufen im Treppenhaus zählen soll. Beim Zahlen zerlegen wickelt mich Nadeschda erfolgreich um den Finger, in dem sie anstatt die Zahlen zu überschlagen, auf Englisch zählt. Maxim starrt beim Üben Löcher in die Luft, oder spielt lieber mit seinen Stiften. Seine Buntstifte sind immer aussergewöhnlich gut gespitzt, Beim Trompete üben gibt er gerne seinem Vater „Privatkonzerte“. Klar, dann fällt nicht unmittelbar auf, dass er die Stücke, die er eigentlich üben soll, gar nicht gespielt hat. Genauso gehen mir meine eigenen Ausrufe und die anderer befreundeter Adoptivmütter auch den Kopf, wenn es einmal wieder schwierige und vielleicht sogar eskalierte Hausaufgabensituationen gab: „Da hat er (oder sie) einmal wieder erfolgreich die Köpfchen bei mir gedrückt.“ 

Das alles suggeriert Absicht und bewusste Manipulation. Klar, aus einer seelischen Not heraus geboren. Dass es aber weder das eine noch das andere ist, wurde mir erst wieder bewusst, als ich einen der letzten Blogbeiträge von Mike Berry von confessionsofanadoptiveparent las. In „Her behavior isn’t manipulation, it’s survival!“ schildert er sehr eindrucksvoll und plakativ, warum ein wie auch immer geartetes anstrengungsvermeidendes Verhalten eben gar keine geplante und beabsichtigte Manipulation oder Ablenkung sein kann.  

Sehr vereinfacht dargestellt (und mit Sicherheit wissenschaftlich betrachtet nicht ganz korrekt), passiert etwa das Folgende: Das Großhirn ist verantwortlich für das rationale Denken – und damit Handeln, das Verarbeiten von Informationen und Wissen, das logische Denken, vorausschauende Planung und Struktur. Das Limbische System ist verkürzt gesagt das emotionale Zentrum des Gehirns. Hier spielen sich auch die schützende Prozesse von Flucht oder Kampf ab. In der Amygdala  sind alle vitalen Funktionen und damit der natürliche Selbsterhaltungstrieb des Menschen angesiedelt. Sie verarbeitete externe Impulse und leitet daraus die vegetativen Reaktionen ab. In der Regel ist das Großhirn der dominierende Teil, der das limbische System und die Amygdala kontrolliert und steuert. Fühlt sich ein traumatisiertes Kind allerdings bedroht und lebt ohnehin aufgrund der traumatischen Erfahrungen in einem dauerhaften Zustand von Stress und Erregung, dann kontrolliert nicht mehr das Großhirn seine internen Prozesse und reguliert seine Gefühle und Reaktionen. Es ist ausgeschaltet, und allein das limbische System und die Amygdala übernehmen. Das Verhalten, was dann ein traumarisiertes Kind zeigt, ist allein von Emotionen gesteuert und der archaische von jeder Hemmung befreite Kampf ums Überleben ist aktiviert. 

Insofern kann es gar keine Absicht oder geplante Manipulation sein, oder ein Verhalten, was gezielt und „strategisch“ darauf abzielt, einer Situation aus dem Wege zu gehen, oder eine Anstrengung in welcher Form auch immer zu vermeiden. Das wären ja Vorgänge im Großhirn. Doch dies hat in Stresssituation vor dem Einfluss von limbischem System und Amygdala kapituliert. Jegliches rationale und abwägende Denken ist in diesen Momenten ausgeschaltet. Allein der Kampf ums Überleben steht im Vordergrund. Und dafür ist – verständlicherweise – jedes Mittel recht.  

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#bestofelternblogs2018

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Photo by Mammal on unsplash.com

Die liebe Anja von der Kellerbande hat einmal wieder zu ihrer beliebten Blogparade #bestofelternblogs2018 aufgerufen. Da mache ich doch gerne mit. Erleuchtend und interessant war der Blick in die Zahlen. Denn wie im vergangenen Jahr war wiederum mein Beitrag zum „Umgang mit der Anstrengungsverweigerung“, der deutlich am meisten aufgerufene Post. Hier schildere ich, wie wir mit der „Anstrengungsverweigerung“ unserer Kinder umgehen, nachdem wir sie anfangs in den ersten Jahren nach unserer Adoption nicht wirklich wahrhaben wollten. Jahre später muss ich gestehen, dass wir viele der Ratschläge und Hinweise von Bettina Bonus umsetzen bzw. umgesetzt haben. Heute noch einmal fast zwei Jahre nach diesem Post ist es sogar noch viel mehr. Aber wir fahren gut damit. Auch wenn ich anfangs die Hinweise und die Sichtwiesen von Bettina Bonus maßlos übertrieben fand, so muss ich ihr nach Jahren, vor allem mittlerweile mit zwei Schulkindern, in so vielem Recht geben. Und letztendlich gibt der Erfolg, den unsere Kinder nun in der Schule haben, ihr ebenso Recht.

Weitere Beiträge zum Thema „Anstrengungsverweigerung finden Ihr zum Beispiel in den folgenden Posts:

„Vom Umgang mit der Anstrengungsverweigerung: Zu den Ursachen“

„Zum Gebrauch von elektronischen Medien“

„Anstrengungsverweigerung – von der alles dominierenden Angst“

oder auch in meiner Interviewreihe zur „Anstrengungsverweigerung“, die ich in 2018 mit Julia gemacht habe, die sich ebenso großer Beliebtheit und großen Interesse erfreut hat.

 

 

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Zum Gebrauch von elektronischen Medien bei Adoptivkindern (reloaded)

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Danke an Pixabay

Maxim hatte gerade in der Schule eine Epoche zu „Menschenkunde und Medienkompetenz“. Das war eine spannende Erfahrung für uns alle in der Familie. Nachdem ich auf der einen Seite zunächst überrascht und schockiert war, wie und wie viele elektronische Medien in den Häusern seiner Klassenkameraden genutzt werden, freute es mich auf der anderen Seite umso mehr, als ich im Epochenheft meines Sohnes folgenden Text unter der Überschrift „Medien bei uns Zuhause“ lesen durfte:

„Wir haben einen Fernseher Zuhause. Da dürfen wir manchmal Peter Pan oder andere Filme schauen, aber nur wenn am nächsten Tag keine Schule ist. Meine Mutter hat einen Computer. Auf dem arbeitet sie und schreibt, oder sie schaut manchmal Sachen für uns Kinder nach. Mein Papa muss manchmal auf einem Laptop Zuhause arbeiten. Ich lese Bücher. Und mehr brauche ich auch nicht. Vielleicht hätte ich gerne ein Handy, um mit meinen Freunden zu telefonieren. Aber mehr nicht. Was eine Wii oder NInetendo sind, weiß ich gar nicht. (…)“ 

Eingedenk unserer Erfahrungen mit Blick auf die Gedächtnisleistung von Maxim und der Auseinandersetzung mit den Ratschlägen von Bettina Bonus zum Medienkonsum von Adoptivkindern pflegen wir tatsächlich Zuhause nach wie vor einen sehr restriktiven Umgang mit jeglicher Art von elektronischen Medien. Und ich selbst habe in der Begleitung dieser Epoche in der Schule auch erst einmal lernen müssen, was es da alles gibt. Technologisch gesehen hatte ich wirklich zeitweise das Gefühl Zuhause in der Steinzeit zu leben, auch wenn die wenigen Medien, die wir haben, tatsächlich immer State of the Art sind. Ich war mir der Vielfalt der Medien, mit denen Kinder theoretisch versorgt und konfrontiert sein können, überhaupt nicht bewusst. Geschweige denn war ich mir der Tatsache bewusst, dass auch an einer Waldorfschule in vielen Elternhäusern der kontinuierliche Gebrauch von elektronischen Medien bei den Kindern immer mehr zunimmt. Das ins Bewusstsein zu rufen und auch unter den Kindern in der Klasse zu diskutieren, war wohl auch eines der Ansinnen der Klassenlehrerin.

Allerdings ist bei unserem Sohn, der nun zu der Gruppe an Kindern gehört, die alleine für sich schon einmal gar keine elektronischen Medien haben, noch nicht einmal einen CD-Spieler, das Pendel in die andere Richtung ausgeschlagen. Denn anstatt zu realisieren, dass er sich in einer recht großen Gruppe von Kindern befindet, die keine Wii und keinen Gameboy haben, hat die Auseinandersetzung mit dem Thema bei ihm dazu geführt, dass nun erstmal neue Begehrlichkeiten geweckt wurden. Vielleicht lag es auch einfach schlicht an der Tatsache, dass wir mit der Advents- und Vorweihnachtszeit uns ohnehin in einer Zeit des Wünschens befinden…Nun denn, es brauchte ein paar Diskussionen hier Zuhause, um ihm klar zu machen, dass wir bei unserer Linie bleiben und es weder ein Smartphone noch elektronisches Spielzeug zu Weihnachten gibt. Aber um so beruhigter war ich, als er danach in sein Zimmer ging und dann doch wieder seine Feuerwehrstation aufbaute, und einmal wieder seine beliebten Rettungsspiele spielte.

Ich bin gespannt, wie lange wir das noch so durchhalten können. Denn natürlich kann ich Maxim nicht vollständig von elektronischen Medien abschotten. Dessen bin ich mir bewusst. Wenn seine Freunde die Dinge Zuhause haben und er sich mit diesen zum Spielen verabredet, werde ich nicht verhindern können, dass er dann einen ganzen Nachmittag unter Umständen entweder vor einer Flimmerkiste hockt, oder am Tablet irgendwelche Spiele spielt. Und ich kann auch nicht den anderen Eltern verbieten, meinen Sohn elektronischen Medien in ihrem Hause auszusetzen. Es bleibt ein Drahtseilakt. Aber Maxim’s Text gab mir die Bestätigung, so weiter mit elektronischen Medien hier Zuhause umzugehen, wie wir es bisher getan haben.