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Wie es im wirklichen Leben so ist, kommt eine „Katastrophe“ selten alleine. Nadeschda’s und auch Maxim’s Gesundheit haben uns in den letzten Wochen mehr als in Atem gehalten. Nicht dass auch noch meine Mutter meinte, zu einem wirklich perfekten Zeitpunkt, als ich nämlich zum ersten Mal Nadeschda’s Koffer für das Krankenhaus gepackt habe, ihre Stromrechnungen und ihre Miete in der Seniorenresidenz nicht mehr zu bezahlen. Und diese mich aufgeregt anrief, wie sie es im übrigen alle paar Wochen ohnehin tun, um mir zu sagen dass meine Mutter jetzt ohne Strom ist. Und eigentlich nicht in ihrem Apartment bleiben kann. Mein Bruder hat sich dann darum gekümmert. Ich hatte ihn mobilisiert, denn musste mein Kind ins Krankenhaus bringen. Doch sein Reden hatten auch keine Wirkung. Meine Mutter bezahlte an dem Tag auch nicht ihre Stromrechnung, sondern harrte noch zwei Wochen in ihrem Apartment ohne Strom aus. Die aufgeregte Pflegedienstleiterin hat natürlich auch ihr übriges getan, damit das Leben ohne Strom so angenehm wie möglich für meine Mutter war, und hat ihr täglich warmes Wasser gebracht. Das ist zwar ehrenrührig. Hilft aber bei Menschen wie meiner Mutter nicht. Im Gegenteil, es verlängert den Prozess der Erkenntnis nur ungemein. Und strapazierte meine Nerven. Erst als es ein Gespräch mit der Heimleitung gab, da sie ja auch ihre Miete nicht bezahlt hatte, gelangte meine Mutter zur Einsicht, und bezahlte ihre längst überfälligen Stromrechnungen, nebst Mahngebühren. Und auch die rückständige Miete.
Aber davon wollte ich hier ja eigentlich gar nicht schreiben. Denn das ist das Gute an unsere Situation im Moment, meine Mutter ist qua ihres Verhaltens und das genau zu einer Zeit, in der der Gesundheitszustand eines meiner Kinder bedrohlich war, in meiner persönlichen Prioritätenliste auf den aller-, aller-, allerletzten Platz gerutscht. Ich kann und will mich mit so etwas im Moment nicht beschäftigen.
Was ich eigentlich erzählen wollte: Zu allem Überfluss fiel dann auch noch unsere Spülmaschine aus. Kaputt. Fehler XY. Bis der Kundendienst kam dauert es. Ja, es dauerte auch, weil niemand Zuhause war, sondern bei Ärzten oder in Krankenhäusern. Zugegeben. Aber wie sehr haben wir uns an die kleinen Helfer des Alltags gewöhnt? Ich nenne sie immer meine drei „Hausangestellten“: Spülmaschine, Waschmaschine und Trockner. Und wenn alle drei morgens oder abends gleichzeitig laufen, dann kann ich mich endlich entspannt zur Ruhe setzen. Auch wenn ich weiß, dass ihr Output am nächsten Tag oder noch am selben verarbeitet werden muss. Denn die Spülmaschine räumt sich leider noch nicht selbst aus. Und den Waschmaschinen-Trockner Vollautomaten gibt es zwar mittlerweile schon. Aber Wäsche zusammenlegen? Die Funktion gibt es leider noch nicht. – Ich könnte ja jetzt propagieren, dass das auch wenig verwunderlich ist. Denn die Geräte werden ja von Männern konstruiert, und die haben eben den berühmten letzten Schritt, die letzten berühmten 20 Prozent, die ja 80 Prozent des Aufwandes machen, eben mal nicht mit einkalkuliert. –
Nachdem ich nach unserem Spülmaschinenausfall zwei Tage lang kalte Küche bzw. Pizzaservice durchgesetzt hatte, aber wir alle das Essen aus den Pappschachteln nur begrenzt gut fanden, fanden sich zum nächsten großen Essen, wo auch mein Bruder samt Freundin da waren, die Männer abends zum Spülen in der Küche. Das, was so zwischendrin anfiel, hatte ich vorher klaglos einfach gespült. Um mir dann am Sonntag morgen, als ich aus der Kirche kam, von meinem Mann anhören zu müssen: „Ich habe auch das ganze Frühstücksgeschirr gespült.“ Ja, super, dachte ich, und was mache ich seit drei Tagen… Aber egal. Der Spülevent der Herren zum Wochenende – und wahrscheinlich mein stetes Spülen seit mehreren Tagen – hatten aber zur Folge, dass ab Mittwoch, als ich mit Nadeschda aus dem Krankenhaus kam, bei meinen Kindern ein unglaubliches Umdenken stattfand. Auf einmal sagte Maxim: „Mama, lass mal. Ich mache das. Ich bin jetzt Dein Hausjunge. Ich erledige das.“ Und so spülte er. Und Papa trocknete ab. Kaum einen Tag später wollte Nadeschda natürlich auch mitmachen. „Ich will auch.“, „Lass mich mal!“ So machten nun meine Kinder den Abwasch. Und wurden zu meinen wahren großen Helfern in unserem Haushalt!
Schon seit Monaten diskutieren Richard und ich, wie die Kinder mehr Pflichten im Haus übernehmen können und auch sollen. Viel müssen sie nicht machen. Maxim muss inzwischen seine Wäsche selbst zusammenlegen und wegräumen, und jeden Donnerstag sein Zimmer aufräumen. Nadeschda muss ihr Zimmer aufräumen, aber die Wäsche mache ich noch. Tisch decken und abdecken machen beide gelegentlich. Viel mehr ist es nicht. Passt auch nicht. Denn manchmal denke ich auch, die beiden müssen so viel für die Schule arbeiten, da muss ich mir nicht noch kleine Aufgaben im Haushalt, die eh selten anfallen, wenn sie da sind, für die überlegen. Dennoch kam immer wieder das schlechte Gewissen. Oh, sie werden zu sehr verwöhnt. Wie sollen sie denn jemals alleine in einem Haushalt zurecht kommen? Seit unserem Spülmaschinenausfall weiß ich, alles totaler Blödsinn! Meine Kinder wissen genau, wie es geht, Geschirr zu spülen und sie könnten es auch wegräumen an den richtigen Platz. Und sie wissen aber vor allem, wenn Not am Mann ist, und machen dann einfach! Und das sehr souverän und gut! Das ist das wahre Großartige an dieser Geschichte! Auch wenn unsere Kinder sonst so verschont sind vom lästigen Mithelfen im Haushalt, sie machen es einfach, wenn es darauf ankommt. Von sich aus. Das ist es, was mich nachhaltig begeistert und mir mein Mutterherz erwärmt. Ja, meine kleinen Helfer sind ganz groß, großartig!
P.S. Schade, dass die Spülmaschine dann irgendwann doch repariert war. Ich hätte gerne gewusst, ob die Begeisterung des Spülens noch weiter trägt….