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Heilsam durch den ersten Schultag kommen….

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Mit freundlicher Unterstützung von Fotolia

Am Montag ist es wieder soweit für uns: Nach wunderbaren sechs Wochen Ferien kehren wir zurück an die Schule. Ja, wir sind gut vorbereitet. Und wir haben alles so organisiert, dass wir langsam in den Schulalltag starten. Unsere nachmittäglichen Aktivitäten haben wir zumindest für die ersten zwei Wochen deutlich reduziert. Schon in der letzten Ferienwoche haben wir uns innerlich und in unserer Routine allmählich dem Schulalltag angenähert und haben viele Freunde aus der Schule gesehen, um „alte Kontakte“ wieder aufleben zu lassen. Damit – auch wenn es wohl gewohnt sein mag – nicht alles wieder neu und anders im Vergleich zu dem Ferienmodus in unserer Alltag einprasselt. Die nächste Woche wird zeigen, ob ich gut daran getan habe. Auch Sherrie Eldridge aktueller Beitrag „NAVIGATING FIRST-DAY-OF-SCHOOL EMOTIONS WITH ADOPTED AND FOSTER KIDS“ hat mich darin bestätigt:

Sie erinnert daran, dass Gefühle von Stress und Angst nie aufhören, und sie besonders in Situationen, in denen Neues und Ungewohntes auf ein Adoptivkind einprasselt, immer wieder hoch kommen können. So fühlen sich Adoptivkinder in diesen Momenten:

  • Sie sind alarmiert und in ihrem Kopf dröhnt es, als würde irgendwo ein Feueralarm losgehen. Ich weiß das nur zu gut von meinen Kindern.
  • Sie haben Angst, und am liebsten würden sie flüchten, ganz weit weg.
  • Sie sind traumatisiert, ihr Herz schlägt ihnen bis zum Hals.
  • Sie fühlen sich wertlos.
  • Sie würden sich am liebsten zurückziehen und dissoziieren vielleicht in ihr Innerstes, weil dies der vermeintlich sicherste Ort ist.
  • Sie spüren ihr gebrochenes Herz, denn sie fühlen, das andere wollen, dass sie erfolgreich sind und haben Angst es nicht sein zu können.

All das kommt immer wieder hoch, jedes Mal von neuem. Auch wenn es nicht der allererste Schultag ist. Dessen sollten wir uns als Adoptiveltern bewusst sein, um unseren Kindern den entsprechenden Raum für ihre Gefühle in den ersten Tagen nach den Ferien zu lassen. Ich hoffe, ich gebe meinen Kindern in den kommenden Wochen genau diesen Raum und das Verständnis, ihre Gefühle von Angst, Überforderung und Schmerz zuzulassen.

 

 

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1.000 Fragen an dich selbst – #7

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Photo by thought catalog on unsplash.com

Willkommen neue Woche und ein frischer Montag! Hier sind die nächsten 20 der „1.000 Fragen an Dich selbst“, der wunderbaren Blogparade von Johanna von Pinkepank. Zum Wochenbeginn geht es um unverarbeiteten Schmerz, Prioritäten, Berühmtheiten und Traumberufe. Wieder war es spannend, sich mit den Fragen auseinanderzusetzen. Manchmal zweifele ich, was das mit Selbstfindung zu tun hat, und an anderen Stellen tauche ich ab in lange unberührte Gründe meiner Vergangenheit. Aber lest selbst….

121. Gibst du der Arbeit manchmal Vorrang vor der Liebe? Wenn die Liebe für meine Kinder steht, dann nein. Wenn Maxim und Nadeschda mich brauchen, bin ich da egal wie. Sie sind meine oberste Priorität. Wenn Liebe aber auch Selbstfürsorge heißt, um die es ja hier bei diesen Fragen und dieser „Entdeckungsreise“ geht, dann ja. Dann kommt erst die Arbeit und dann ich selbst. Ich kann dann auch schwer oder gar nicht alle viere grade sein lassen. Geschweige denn kann ich um Hilfe bitten (siehe Frage 134). In all den Jahren mit Maxim und Nadeschda ist es ein einziges mal vorgekommen, dass ich Richard im Büro angerufen habe und gesagt habe: „Du musst nach Hause kommen, ich kann nicht mehr.“

122. Wofür bist du deinen Eltern dankbar? Für nicht wirklich viel. Oder vielleicht doch irgendwie für das schlechte Vorbild, das sie waren. Sich im Leben weiterzuentwickeln, um genauso nicht zu werden, ist auch ein Antrieb.

123. Sagst du immer, was du denkst? Nein, eher zu selten.

124. Läuft dein Fernsehgerät häufig, obwohl du gar nicht schaust? Nein, nie.

125. Welchen Schmerz hast du nicht überwunden? Dank jahrelanger therapeutischer Begleitung bin ich da eigentlich ganz gut aufgestellt, denke ich.

126. Was kaufst du für deine letzten 10 Euro? Wahrscheinlich etwas zum Essen für meine Kinder. Ich bin sehr dankbar, dass ich mir um unser finanzielles Wohlergehen keine Sorgen machen muss und nicht jeden Euro umdrehen muss.

127. Verliebst du dich schnell? Nein. Zum letzten Mal vor bald zwanzig Jahren und auch da hat es lange gedauert, bis ich wirklich verliebt war.

128. Woran denkst du, bevor du einschläfst? Am besten an gar nichts.

129. Welcher Tag der Woche ist dein Lieblingstag? Der Donnerstag. Bis dahin sind die Kinder und ich organisch in unseren Groove gekommen und es ist der Tag in der Woche, an dem wir selten etwas vorhaben und keine Verpflichtungen uns erwarten. Schade ist es, dass dann schon wieder der Freitag folgt, an dem dann alles wieder anders ist.

130. Was würdest du als deinen größten Erfolg bezeichnen? Ein Buch zu schreiben.

131. Mit welcher berühmten Person würdest du gern mal einen Tag verbringen? Molly Ringwald. Als Teenagerin habe ich sie und ihre Filme geliebt und sie war mir zumindest in ihren Rollen irgendwie ein Vorbild. Ich habe immer gedacht: „So wäre ich auch gerne.“ „Pretty in Pink“ war einfach großartig und ich habe mir dann auch so Locken machen lassen, wie Molly sie hatte. Es hat noch ein paar Jahre gedauert und dann kamen die Locken von selbst. Und heute sehe ich tatsächlich fast aus wie Molly. Nur eben ein paar Jahrzehnte älter….

132. Warst du schon mal in eine (unerreichbare) berühmte Person verliebt? Nee, so unrealistisch bin ich nicht.

133. Was ist dein Traumberuf? Schriftstellerin

134. Fällt es dir leicht, um Hilfe zu bitten? Nein, überhaupt nicht. Ich tue es viel zu selten. Obwohl ich gerade im Moment auch einmal wieder in einer Situation wäre, wo ich  Hilfe brauchen könnte.

135. Was kannst du nicht wegwerfen? Ich könnte jetzt schreiben Geld, Schmuck, Fotos, oder ähnliches. Doch grundsätzlich bin ich ziemlich gut im Wegwerfen und aussortieren. Ich finde ausmisten und wegschmeißen eigentlich so grandios befreiend!! Ich bin so froh, dass wir keinen Keller haben und nur eine 10qm Dachkammer. Das zwingt zum Wegschmeißen. Richard wollte vor einigen Jahren mit uns in ein größeres Haus ziehen. Am Ende war seine Hauptmotivation, mehr Stauraum zu haben. Ich habe ihn davon überzeugt, dass das Schwachsinn ist. Wir müssen nicht viel Geld bezahlen, um Müll zu horten….

136. Welche Seiten im Internet besuchst du täglich? Keine wirklich. Zuerst hatte ich an meinen Blog gedacht, doch auch in den schaue ich in bestimmten Phasen nicht jeden Tag rein.

137. Sind die besten Dinge im Leben gratis? Ja. Es sind die Erfahrungen, die man machen darf, und die Erlebnisse, die man hat. Das kann einem keiner nehmen un dort kosten sie kein Geld.

138. Hast du schonmal etwas gestohlen? Nein.

139. Was kochst du, wenn du Gäste hast? Das kommt drauf an, wer zu Besuch kommt. Manche Freuden von uns ernähren sich vegan. Da ist es dann die vegan Küche. Manche Freuden von uns teilen mit uns die Liebe zu Russland, da ist es dann die russische Küche. Und wenn es seitens des Gastes keine Essenvorlieben gibt, dann ist es auch einfach das,w drauf ich gerade an dem Tag Lust drauf habe.

140. In welchem Laden möchtest du am liebsten mal eine Minute lang gratis einkaufen? Beim Bulgari Juwelier in Manhattan – wenn es den Laden noch gibt. Ich würde mir einfach ratzfatz irgendein gigantisches Collier aussuchen, was ich dann sicher nie trage, da es für mich viel zu schwer und zu wuchtig ist. Da ich aber Bulgari’s Düfte schon seit Jahrzehnten liebe und irgendwann einmal staunend vor eben diesem Laden stand, fand ich das in Anbetracht der Kürze der Zeit am Effektivsten.

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Brief an meine Adoptivkinder: „Ich hoffe, ihr könnt den Schmerz eines Tages überwinden“

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Danke an Roakley1 von Pixabay

Gestern erschien mein „Brief an meine Adoptivkinder: „Ich hoffe, ihr könnt den Schmerz eines Tages überwinden“ in der Huffington Post, in dem ich die vergangenen Jahre seit der Adoption von Maxim und Nadeschada mit allem, was dazu gehört ein wenig Revue passieren lasse. Es ist eine kleine Zwischenbilanz und gleichzeitig greift der Beitrag erneut die Frage nach dem Gut genug Sein auf.

Habt eine gute Lektüre…

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Herkunft reloaded (6): Trauer um das verlorene Babysein

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Photo by Tim Gouw on unsplash.com

Der Schmerz sitzt tief. Der schmerzliche Verlust, nicht ein Baby gewesen zu sein, wie alle anderen, die in Liebe und Fürsorge ihre ersten Lebensmonate verbrachten, umgeben von der sorgenden Mutterhülle, mit Menschen drum herum, die sich alle so über die Geburt des neuen Menschenkindes freuen. Immer wieder holt dieser Schmerz meine Tochter ein. Mit ihm kommt die Wut. Denn nur mit ihr kann der ohnmächtigen Trauer Ausdruck verliehen werden. Und so hat sie wieder Einzug gehalten in unseren Alltag, diese andere Dimension der Wut. Es ist nicht die Frustration über die Schule und die Angst dort zu scheitern. Ja, auch die ist manchmal da. Doch im Moment dominiert einmal wieder die Wut, so vieles nicht gehabt zu haben, was andere Babys haben. Geweckt durch bestimmte Ereignisse in den vergangenen Tagen und Wochen:

Da war der Streit und das Gespräch mit Marie über „echte Eltern“ vor ein paar Tagen. Nadeschda hatte nicht mitbekommen, dass ich mit Marie gesprochen hatte. Ich wunderte mich nur im weiteren Verlauf des Nachmittags, dass Nadeschda so wütend war und ihr nichts passte, was Marie tat. Ständig hatten sich die beiden Mädchen in den Haaren. Am Abend fragte ich Nadeschda, ob sie wütend gewesen wäre, weil Marie zu ihr gesagt hatte, dass ich nicht ihre echte Mutter bin. Es kam ein fast erleichtertes Ja. „Aber Mama, das kann die doch nicht einfach sagen. Das stimmt doch gar nicht! – Die Marie ist blöd. Die ist nicht mehr meine Freundin.“ Ich erzählte daraufhin meiner Tochter von meinem Gespräch mit Marie. „Und weisst Du, was Marie am Ende gesagt hat?“ Nadeschda schaut mich fragend an. „Sie will jetzt auch zwei Mamas und zwei Papas haben.“ Ein Lächeln huscht über das Gesicht meiner Tochter und ihre zornverdunkelten Augen hellen sich ein wenig auf. „Warum?“ Ich: „Vielleicht weil sie es toll findet, zwei Eltern zu haben.“ „Mmhhmm, manchmal ist das aber auch gar nicht schön…“ entgegnet meine Tochter. Ich nehme sie in den Arm und flüstere ein: „ Ja, ich weiss.“

Das Baby meiner Freundin kommt bald auf die Welt. Seitdem wir sie das letzte Mal besuchten, wo natürlich viel über das Baby gesprochen wurde, gärt die Wut in Nadeschda. Deutlich wurde mir das erst vor ein paar Tagen, als ich mit Nadeschda zusammen ein Geschenk zur Geburt aussuchte. Erst fragte Nadeschda mich immer wieder: „Mama, warum bekommen Babys zur Geburt ein Geschenk? Habe ich auch Geschenke bekommen?“ Da dämmerte mir schon, was in meiner Tochter gerade vor sich ging. Im Kindergeschäft wurde Nadeschda nicht müde, mir zu zeigen, was das Baby noch alles braucht. Stofftiere, Decken, ein Schnullertier, ein wärmendes Kuscheltier, Rasseln, Knisterbücher und vieles mehr. Ihr „Mama, Mama, das müssen wir unbedingt kaufen. Das braucht das Baby. Ganz dringend!“ wurde immer intensiver und eindringlicher, je länger wir uns in dem Geschäft aufhielten. Der Nachdruck, mit dem Nadeschda mir immer wieder neue Dinge zeigte, ließ mich innehalten. Und mit einem Schlag wurde mir klar: Es ging ihr gar nicht um das Baby meiner Freundin, sondern aus ihr sprach der Herzenswunsch, all das auch so gerne gehabt zu haben. Hätte ich Nadeschda gefragt, ob sie selbst auch so ein Schnullertier oder eine Rassel haben wollte, hätte sie es wahrscheinlich verneint. „Nee, Mama, das ist doch Babykram. Ich bin doch jetzt groß.“ Doch es war offensichtlich, dass sie hier eine leere Stelle in ihrem Leben versuchte nachzunähren. Für einen Moment wurde es mir schwer ums Herz. Doch dann beschloss ich, an einem anderen Tag in diesen Kinderladen ohne Nadeschda zurückzukehren und vielleicht doch etwas zu kaufen, was ihren unerfüllten Bedürfnissen als Baby ein klein wenig Rechnung tragen könnte.

Spielzeug wird die Wunden meiner Tochter nicht heilen. Das weiß ich. Sie wird immer wieder durch den Schmerz und die Trauer hindurch gehen müssen, bis er vielleicht im Laufe der Zeit ein bisschen weniger wird, er nicht mehr so eine überbordende Ohnmacht ausstrahlt. Ich kann nur für Nadeschda da sein, sie halten und ihre Wut, wenn sie denn kommt, aushalten.

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Wie ein Baum ohne Wurzeln…

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Photo by Gregoire Sitter in Unsplash.com

Sherrie Eldridge, die Autorin von vielen wunderbaren Adoptionsbüchern, postet in den vergangene Tagen wieder sehr bewegende Beiträge, die mich an der ein oder anderen Stelle zum Nachdenken bringen. Vor allem „Adopted and Foster Kids Can Survive Winter“ geht mir zur Zeit nicht aus dem Kopf.

Ich glaube, dass zwar Maxim und Nadeschda noch nicht viele der Gedanken bewusst haben, die Sherrie schildert. Dafür sind sie noch zu jung und zu klein. Die winterliche Jahreszeit hat für sie immer noch einen magischen Zauber, jetzt wo die Vorweihnachtszeit absehbar ist und gefüllt sein wird mit schönen und aufregenden Momenten. Zudem liebt vor allem Maxim den Schnee. Schon jetzt zählt er die Tage, bis wir im Januar zum Skilaufen fahren.

Dennoch spüre ich, dass dennoch im Unterbewusstsein der Winter für meine Kinder eine Zeit des traurigen Schmerzes ist. Gerade Maxim macht wieder einmal ein paar schwere Tage durch. Und auch Nadeschda kämpft zuweilen mit der Wut. Wenn ich so an unsere nicht immer harmonischen Nachmittage denke, so kommt mir das Bild mit dem Baum in den Sinn, das Sherrie beschreibt. „We can say we are cold to the roots.“ Meinen Kindern ist kalt bis in die Wurzeln. Ihnen wurde ihre Herkunft und ihre Wurzeln genommen, und der Schmerz der Entwurzelung mag tief sitzen. Immer noch!

Ich denke an ein Seminar, das wir in Vorbereitung auf die Adoption hatten. Die Seminarleiterin zeigte uns einen Teddybären mit vielen abgeschnittenen Fäden an Armen und Beinen. Dazu sagte sie: „So etwa kommt ihr Kind zu ihnen. Mit unzähligen abgeschnittenen Bindungen und Beziehungen.“ Ja, in all den Jahren, seitdem Maxim und Nadeschda bei uns sind, haben sie sicherlich genauso viele neue Bindungen und Beziehungen geknüpft. Doch die abgeschnittenen Enden bleiben. Manchmal schmerzen sie, wie die Wurzeln des Baumes, die noch keinen vollständigen warmen sicheren Halt gefunden haben. – Wie sehr hoffe ich und wünsche ich, dass meine beiden Kinder einmal  so selbstbewusst mit ihrer Herkunft und Geschichte umgehen, und mit dem Schmerz der damit verbunden ist, dass sie ebenso sagen: „I am a tree, that suvived winter.“

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Die andere Dimension der Wut

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Foto von Sarah Mak auf unsplash.com

Nadeschda’s Wut hält an. An manchen Tagen mehr, an anderen weniger. Klar, wir sind immer noch in dieser Phase zwischendrin. Und auch wenn Maxim nun wieder die Zeit mit uns verbringt, wir in der Zeit in den Bergen viel zusammen waren, so sind wir immer noch in der Übergangsphase der Ferien. Die Schule mit ihren neuen Herausforderungen schwebt immer noch wie ein umkonkretes Phantom über Nadeschdas Kopf. Dennoch, die viele Zeit zusammen hilft. Sie tut Nadeschda gut, sicher und fürsorglich umhüllt zu sein, sie gibt ihr den Raum, auch über ihre Angst hin und wieder zusprechen. Und sie gibt mir die Chance, die quälende Angst zu verstehen und nachzuerleben. Denn es ist nicht nur die Ohnmacht vor dem Phantom „Schule und 1. Klasse“. Da schwelt noch eine ganz andere Wut in ihr.

Unser Lieblingshaus in den Bergen gehört einer lieben Freundin, die nach der Ankunft von Maxim und Nadeschda ihre zwei Kinder bekommen hat. Beide Schwangerschaften haben meine Kinder miterlebt und auch beide Kinder als Säuglinge und nun mittlerweile Kleinkinder bzw. Kindergartenkinder. Nun ist auch noch eine weitere Freundin schwanger. Überraschend und unverhofft, nachdem sie sich vom natürlichen Kinderwunsch verabschiedet hatte und wie wir ein Kind aus Russland adoptiert hat. Was unmöglich schien, ist nun passiert: Sie ist schwanger und ein Baby wächst in ihrem Bauch. Nadeschda beschäftigt das ungemein. Wie kann das sein? Sie konnte doch genauso wie Du keine Babys bekommen. Warum ist da jetzt ein Baby in ihrem Bauch?

Manchmal bricht Nadeschda ihre Fragen schlagartig ab und zieht sich zurück. Dann knallen wieder mal Türen und Spielzeug fliegt durch Gegend oder es wird mutwillig ein Streit mit dem großen Bruder vom Zaun gebrochen. Oder Nadeschda wird ganz anhänglich, krabbelt auf meinen Schoß und will nur noch gehalten und getragen werden. In diesen Momenten kommt sie durch, die Wut und die Trauer, nicht in meinem  Bauch gewachsen zu sein, die Trauer und der Schmerz, nicht bei der Mama sein zu dürfen und zu können, die sie in ihrem Bauch getragen hat. In diesen Momenten macht sich die Traurigkeit breit, verlassen worden zu sein. Gepaart mit einer so schmerzhaften und unermeßlichen Wut, nicht das Glück gehabt zu haben, in eine wohlbehütete Welt hineingeboren worden zu sein.

Vielleicht wird diese Wut und der Schmerz irgendwann einmal weniger. Ich wünsche meiner Tochter so sehr, dass sie irgendwann ihr Schicksal so annehmen kann und damit leben kann, ohne sich so ohnmächtig zu fühlen. Für den Augenblick kann ich sie nur halten, ihre Wut aushalten und ihren Schmerz mit ihr tragen.