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Von der Wut – Immer wieder montags…

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Photo by Patrick Fore on unsplash.com

Montage sind immer schwierig. Zum einen weil wir wieder den Übergang vom Wochenende in den Schulalltag haben. – Auch wenn wir zu den Eltern gehören, die am Sonntag ihre Kinder durchaus rechtzeitig ins Bett bringen können. – Dennoch, Montage sind anstrengend, es braucht einfach, um wieder in der Schule anzukommen. Da die Euphorie, die sich oft nach den längeren Ferien einstellt, fehlt, fällt es eben montags schwieriger. Das hat etwas mit der fehlende Fähigkeit mit Veränderungen umgehen zu können zu tun. Da sind Phasenwechsel schwierig. Immer noch und nach wie vor. Wenn dann auch noch die montägliche Routine nicht eingehalten wird, dann kommt es wieder, mein kleiner Freund (bzw. manchmal auch mit zusammengebissenen Zähnen geduldeter), das Wutmonster.

Als ich mittags beide Kinder an der Schule abholen will, trödelt Maxim noch eine Weile herum. Bei ihm zeichnen sich Montage durch äußerst schlechte und müde Laune, aber vor allem durch eine ungeahnte Laaaaangsaaaaaamkeit aus. Nadeschda wartete schon auf dem Schulhof, und platzte in einer selten dagewesenen Form. Zumindest an der Schule! Lautstark brüllte sie ihren Bruder an, beschimpfte ihn wenig Mädchenlike, rempelte ihn sogar an. Dass Maxim sich das nicht gefallen ließ, und erst zurückbrüllte, um dann einfach mal kurz die Faust zu zücken, konnte ich ja fast verstehen. Meine Hortkollegin schaute ganz überrascht: “Ist Deine Tochter öfter so?“ Was auch immer sie mit der Frage bezwecken wollte, klar war, dass Nadeschda diese Wut wohl selten in der Schule zeigte, um so mehr aber zuhause. – Das Wutmonster kommt zwar immer seltener mit seiner ganzen Wucht, es ist über die Jahre ein wenig milder geworden, und meine Tochter wie auch mein Sohn haben Möglichkeiten entwickelt, sich mit ihm zurückzuziehen und es zu besänftigen. Mit einem kritischen Blick auf meine Kinder wünschte mir die Kollegin noch einen schönen Nachmittag. Ich war nur heilfroh, dass ich Maxims Judotraining ohnehin schon abgesagt hatte, da er sich am Sonntag Nachmittag einmal wieder das Knie geprellt hatte. So hatten wir zumindest einen Nachmittag ohne Zeitdruck und in Ruhe Zuhause vor uns. 

Nun ja, Ruhe stellte sich kaum ein. Über Stunden hatte ich das Gefühl einen kleinen brodelnden Vulkan um nicht herum zu haben. Egal, was Maxim oder ich taten oder sagten, alles war Mist, alles war falsch, alles machte man ja eigentlich anders, manchmal wurden wir beide übelst beschimpft, Türen wurden geknallt, es flogen ein paar Gegenstände durch die Gegend. Nadeschda wollte sich nicht beruhigen. Auf gar keinen Fall! Irgendwann bekam ich wenigsten heraus, dass die Klasse an dem Tag nicht in den Wald gegangen war, wie sonst üblich. Es hatte sich wohl kein begleitendes Elternteil  eingetragen und gefunden. Und so blieb die Klasse eben in der Schule. „Du musst Dich gefälligst für die Waldtage eintragen!“ brüllte mir meine Tochter ins Gesicht! Ah! Ja, hier hatten wir sie, die Unplanmäßigkeiten an einem Montag! Davon muss es noch ein paar mehr gegeben haben, die meine Tochter dann vollends aus dem Konzept brachten. Wenn schon Montag und Übergang in eine wieder andere Routine, dann doch aber bitte immer dieselbe. Ihre Wut war einmal wieder mehr der verzweifelte Versuch, Kontrolle über ihr kleines Leben zu bekommen, die Sicherheit und die Struktur zu finden, die sie unbedingt brauchte. Dass es diesmal aber zu so vehementen Reaktionen kam, wunderte mich dennoch. 

Erst am Abend stellte sich heraus, dass tatsächlich noch etwas deutlich „Schlimmeres“ in den Augen meiner Tochter passiert war: Es musste in der Zeit, als sie eigentlich im Wald gewesen wären, noch einen Vorfall gegeben haben, den Nadeschda aber nicht mitbekommen hatte. Was sie aber mitbekam, war, dass die Klassenlehrerin für eine ganze lange Weile den Klassenraum einfach verließ, wohl mit den Worten: „Ich muss jetzt hier mal raus.“. Keines der Kinder wusste, wo sie war, trauten sich aber auch nicht, sie zu suchen. „Wir saßen da ganz still und brav, Mama.“ erzählte mir meine Tochter. Erst nach einer ganzen Weile kam Nadeschdas alte Klassenlehrerin aus der Vorklasse und kümmerte sich um die Kinder. 

Es ist unerheblich, ob die Lehrerin so etwas darf, was vorgefallen war und was dazu geführt hatte. Einzig zählte, dass dieses plötzliche Verlassen der Klasse ohne eine Erklärung bei meiner Tochter wahrscheinlich schlimmste unbewusste Erinnerungen und Gefühle berührt hat. Im Fachjargon würde man davon sprechen, dass dies einer der berühmten Trigger ist, der das abgespaltene Trauma wieder wachruft. Und genauso hat sie sich verhalten. Nicht in der Schule, da hat sie sich nicht getraut. Aber allein meine und Maxims Präsenz auf dem Schulhof und die Klarheit, dass wir drei nun zusammen zum Auto gehen, wir drei als familiäre und vertraute Einheit, hat die Energie in meiner Tochter freigesetzt, ihrem Überlebensmuster der Wut, das sie genauso beherrscht wie das des Charmes, freien Lauf zu lassen. Wie stark sie die Situation an der Schule und in der Klasse mitgenommen hat, kann ich nur an der Intensität ihrer Reaktionen an diesem Nachmittag erahnen. Dass es nun auch noch Montag war, hat die Sache nicht besser gemacht. 

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Von der Angst (reloaded) – der Spuk geht noch ein wenig weiter…

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Photo by Evaldas Daugintis on unsplash.com

Am Dienstag Morgen wurde Nadeschda operiert. In 45 Minuten Operation wurden ihr zwei Cherry-Tomaten große Lymphknoten unter der Achsel entfernt. Aussagen zu irgendwelchen Tendenzen traf der operierende Kinderchirurg nicht. Darf er wahrscheinlich auch nicht. Nur machte er wiederholt sehr deutlich, dass die Operation und damit das entfernen der Lymphknoten keine Therapie sondern nur ein Auftrag sei, um eine weiterführende Diagnostik einleiten zu können. Eine Therapie müsse sich – wie auch immer geartet – der Operation anschließen.

Im Gegensatz zu vorangegangenen Operationen hat Nadeschda die Narkose gut überstanden. Sie war verhältnismäßig schnell wieder wach und überraschend klar. Zur Beobachtung blieben wir noch weiter in der Klinik. Doch zum Glück hat sie weder Schmerzen noch Beschwerden, so dass wir seit gestern wieder Zuhause sind.

Nun warten wir auf das Ergebnis der pathologischen und mikrobiologischen Untersuchungen. Erst im Laufe der kommenden Woche liegt dies vor. Dann erst haben wir (vielleicht) Gewissheit, was diese starken Schwellungen der Lymphknoten verursacht hat. Bis dahin müssen wir weiter mit der Ungewissheit leben und warten. Bis dahin hat die Angst um Nadeschda uns weiter fest im Griff.

Warten war noch nie eine meiner Stärken. Gepaart mit der Angst vor dem was kommt – es gibt sogar Momente, wo ich mich erwischt habe, mir zu wünschen, das Stadium der Ungewissheit nicht zu verlassen; denn vielleicht ist diese Ungewissheit besser und schmerzloser als die Gewissheit, die dann kommt…- ist dieser Zustand kaum auszuhalten. So lange wir im Krankenhaus waren, war ich in meinem Funktionsmodus, fokussiert auf den Gespräche mit den Ärzten und den Schwestern, konzentriert auf mein Kind. Nun zuhause kommt es mir, vor als würde die Angst wieder aus ihrer Ecke, in die sie sich vorübergehend zurückgezogen hatte, wieder hervorkriechen, sich genüsslich das Maul lecken und voll zynischer Freude sich erneut in unserer Mitte breit machen.

Auch Nadeschda hat Angst. Sie spricht nicht darüber. Doch ich sehe die Angst in ihren tief in gedankenversunkenen Blicken, wenn sie sich unbeobachtet fühlt. Ich spüre ihre Angst, wenn sie sich nachts an mich kuschelt, wenn sie abends beim Einschlafen meine Hand hält und tiefe Seufzer ausstößt. Und wir erleben ihre Angst in ihrer Wut, die sie erneut zeigt. Aus dem Nichts taucht die Wut wie ein kleines Monster auf und hält meine Tochter fest in ihrem Griff. Dann schreit sie, tobt, tritt um sich, bis sie verzweifelt weinend in sich zusammenbricht. Zu übermächtig ist die Bedrohung der Angst und der Ohnmacht….

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#bestofElternblogs im August

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Danke an Pixabay

Anja von der Kellerbande ruft regelmäßig zum 1. des Monats zu den besten Beiträgen der Elternblogs auf. So auch gestern.  Natürlich mache ich wieder mit, nachdem nun meine Statistiken heute wieder funktionieren. Im Juli war es der Beitrag  „Das Wutmonster ist wieder da…“, der am meisten aufgerufen und gelesen wurde. Hier geht es um die wieder aufkeimende Wut bei meinen Kindern, vor allem bei Nadeschda, die mit den nun anstehenden Veränderungen mit Blick auf die Schule kämpft.

Habt Dank für’s Lesen, Kommentieren und mir Folgen! Das ist jeden Tag wieder eine große Freude…

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Das „Wutmonster“ ist wieder da…

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Danke an Pixabay

Mein alt bekannter Freund, das „Wutmonster“ ist wieder da. Ja, ich hatte schon einmal geschrieben, dass ich es nicht so nennen soll. Doch inzwischen ist es mir ein alt bekannter – und manchmal liebgewonnener Freund. Und somit ist der Begriff fast liebevoll gemeint, auch wenn mich seine Auswirkungen doch zu weilen erschrecken, in ihrer Intensität und in ihren Ausbrüchen. Vor allem wenn es diesmal meine Tochter ist, die so von Zorn erfüllt ist. Nachdem wir im Winter Maxim’s Wut nach einiger Zeit ganz gut „in den Griff bekommen“ haben, er mittlerweile beinahe ausgeglichen ist, treiben nun Nadeschda immer häufigere Besuch des „Wutmonsters“ um. Ja, zum einen ist es der ständige Alarm im Kopf, über den ich ja in der vergangenen schrieb. Nun könnte es mit den begonnenen Ferien etwas ruhiger werden, doch weit gefehlt.

Gestern Abend hatten wir wieder so einen Ausbruch von neuer Qualität. Den ganzen Tag schon war Nadeschda motzig und grantig. Nichts passte ihr, nichts sollte ihr Spass machen. Nun waren wir auch noch zu allem Überfluss beim Zahnarzt, wo sie geröntgt und Abdrücke für eine mögliche Zahnstange gemacht wurden. Maxim amüsierte sich derweil in seinem Zirkuscamp. Erst am späten Nachmittag, als Maxim vom Zirkus zurück war und wir in unsere alt bekannten Rituale zurückkehrten – die Kinder spielten erst ein wenig, dann übten wir wie jeden Tag, um dann gemeinsam das Abendessen vorzubereiten – beruhigte sie sich ein wenig und ihre Laune schien sich zu bessern. Doch es war eher die Ruhe vor dem Sturm, der sich mit voller Wucht vor dem Zubettgehen entlud. Erst wollte sie sich nicht ausziehen, geschweige denn ihren Schlafanzug anziehen. Stattdessen flogen lieber zahllose Gegenstände in ihrem Zimmer umher. Sie räumte mit einem Streich ihren Schreibtisch ab, alles fiel auf den Boden, zornig griff sie zur Schere und wollte ihre neue selbst gestrickte Tasche zerschneiden. Da griff ich ein, versuchte Nadeschda zu halten und zu beruhigen, doch stattdessen wurde sie nur noch wütender. Nadeschda schlug um sich, trat nach mir und wenn ich sie hielt, versuchte sie in meinen Arm zu beißen, damit ich los ließ. Mein Mädchen kämpfte um ihr Überleben.

Nichts wollte gelingen, um sie aus diesem Teufelskreislaufs herauszuholen. Auch im Bad beim Zähneputzen setze sich das „Drama“ weiter fort. Erst beim Vorlesen kam Nadeschda etwas zur Ruhe, um dann am Ende, als ich beide Kinder zur Nacht legte, erneut aufzudrehen. Kissen flogen durch die Gegend, wieder trat sie um sich. Überraschenderweise ließ sie sich dann aber von mir am Rücken eincremen und massieren. Erst da beruhigte sich Nadeschda langsam. Hatte sie Richard vorher erzählt, dass sie Angst beim Zahnarzt gehabt hatte und sie deswegen so wütend sei, so schüttete sie mir jetzt das Herz aus, dass sie nicht weiter in die Schule gehen wolle. Sie wolle nicht in die erste Klasse gehen. Ihre Freundinnen seien blöd und die neue Lehrerin sowieso. Ich hörte ihr aufmerksam zu, beruhigte sie, erklärte ihr aber auch, warum es so wichtig sei, dass sie in die Schule geht. Denn nur so könnte sie Lesen, Schreiben und Rechnen lernen. Und das bräuchte sie ja, wenn sie später einmal Tierärztin werden wolle, um sich dann um Maxims Tiere auf seinem Bauernhof zu kümmern. Ein wenig lenkte sie dann ein und kam zur Ruhe. Doch hielt sie meine Hand ganz fest, bis sie eingeschlafen war.

Während ich so über den Schlaf meiner Tochter wachte, wurde mir klar, wie groß doch wieder die Phase der Veränderung für meine kleine Nadeschda ist. Maxim ist fein raus, er genießt die Ferien, ist im Zirkus mit seinen zwei Kumpels wie im letzten Jahr, er freut sich auf unsere Urlaube und weiß, dass er am Ende der Ferien in seine bekannte Klasse zu seinen bekannten Lehrern zurückkehrt. Doch für Nadeschda ist wieder alles anders. Sie ist mit den Ferien aus ihren gewohnten Rhythmus geworfen worden, ihr fehlt die starre Struktur, die wir sonst in unserem Alltag haben. Ihr fehlt ihr Bruder zum Spielen. Zudem muss sie für ein paar Stunden am Tag mit unserer Kinderfrau vorlieb nehmen, wenn ich arbeite. (Ein Ferienprogramm wollte sie nicht machen.) Vor allem aber ahnt sie, das Großes mit der Einschulung in die 1. Klasse auf sie zukommt. Der Abschied von ihrer alten Klassenlehrerin fiel ihr schwer. Sie weiß noch nicht, was sie von der neuen Lehrerin halten soll. Sie spürt, dass neue Anforderungen und Herausforderungen auf sie zukommen, die ihr schon jetzt Angst bereiten. Sie ist sicher, dass alles nach den Ferien anders sein wird, weiß aber noch nicht wie. Und das ist ihr unheimlich, erschreckend unheimlich. Ihre Wut ist damit Ausdruck ihrer eigenen Ohnmacht über ihre Situation. Und in der Ohnmacht schrillt ihr innerer Rauchmelder auf höchster Alarmstufe.

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Wenn das „Wutmonster“ zurückkehrt…

little boy holding sad face mask

Mit freundlicher Unterstützung von Fotolia

Ich soll es nicht so nennen, hat mir Maxim’s Therapeutin geraten. Damit würde ich die Wut meines Kindes bewerten und moralisieren. Ich tue es dennoch, denn für mich ist es ein „Monster“, das „Wutmonster“, das seit ein paar Wochen wieder zunehmend verstärkt die Kontrolle über meinen Sohn übernommen hat. Denn wenn die Wut ihn vollständig für sich eingenommen hat, dann hat es beinahe etwas angsteinflössendes, dieses Etwas, was da in meinem Sohn rumort und brodelt. Gestern trieb es ihn zu bisher nicht da gewesenen Zerstörungskräften.

Maxim besucht seit zwei Jahren eine Waldorf-Schule. Die Kinder sind oft sehr starke Persönlichkeiten, die sich gerne aneinander reiben. Gerade in seiner Klasse hatten und haben wir immer wieder Schwierigkeiten mit der „Disziplin“ unter den Jungen. Da geht es oft zur Sache. Kräftemessen und Machtkämpfe stehen immer noch auf der Tagesordnung. Auch Maxim muss sich darin immer neu behaupten. Und natürlich will er sich auch nicht unterordnen. Was gut so ist. Allerdings beobachte ich, dass er in den letzten Wochen immer mehr mit einem zunehmenden Zorn nach Hause gekommen ist. Ungeachtet eines zunehmenden Gebrauchs an übelsten Schimpfworten, schubst er gerne, tritt Gegenstände weg, knallt Türen, etc. – Meist lasse ich ihn erst einmal im Garten rumtoben, bis seine Wut verraucht ist. Manchmal muss ich auch eingreifen, wenn er gegen seine Schwester geht. Dann gibt es die „Auszeit“ auf dem Stuhl, wobei ich bei ihm sitzen bleibe. Oder wenn es Überhand nimmt, muss er auch in sein Zimmer gehen. Alles verlief aber bisher in geregelten und handhabbaren Bahnen. Vor allem beruhigte er sich irgendwann nach ein paar Minuten und spätestens nach einer halben Stunde war seine Wut verflogen.

Nicht so gestern Abend. Der Nachmittag war schon gespickt mit immer wieder aufflammender Wut und kleinen oder größeren Zornesausbrüchen. Kleinigkeiten, die nicht so funktionierten oder nicht so liefen, wie Maxim wollte, ließen das kleine rote Wutmonster hervorkommen. So als säße es die ganze Zeit auf seiner Schulter und flüsterte ihm ins Ohr: „Schrei mal A*loch!“, „Trete mal den Schuh weg!“, „Hau gegen die Mülltonne!“ Erst am späten Nachmittag, als er sich in sein Zimmer zurückzog und schnitzte, schien er sich zu beruhigen. Das Abendessen verlief friedlich, das Bettfertigmachen auch, genauso wie unser allabendliches Vorlese-Ritual. Doch als Maxim dann ins Bett gehen und schlafen sollte, übernahm das Wutmonster. „Ich will nicht schlafen.“ verkündete es. Alles gute Zureden half nicht. Stattdessen begann Maxim, zunächst allen Inhalt seines Bettes in sein Zimmer zu feuern, Decke, Kissen, Stofftiere. Er riss die Weltkarte von der Wand.“Alles blöd, will ich nicht.“ Wenn ich ihn aufhalten wollte, trat er um sich. Dabei auch mir ins Gesicht. Mittlerweile war auch ich sauer und meine Geduld am Ende. Wahrscheinlich die falsche Reaktion. Denn jetzt hatte Maxim’s Wutmonster ja den perfekten Gegenspieler. Und so wütete er weiter. Spielzeug flog aus den Regalen. Beim Radlager wurde die Schaufel abgebrochen. Ich versuchte Maxim festzuhalten, was weder die richtige Reaktion, noch ihn irgendwie zum Einlenken bewegte. Im Gegenteil. Mittlerweile kämpfte mein Sohn ums Überleben. Mit einer unvorstellbaren Kraft. Durch meinen Kopf schossen Bilder aus der Zukunft, wenn Maxim einmal ausgewachsen und in der Pubertät sei und dann in seiner Wut das ganze Haus auseinander nehmen würde. Hatte ich vorher den Gedanken gehabt, sein Zimmer zu verlassen und ihn allein sich seiner Wut zu überlassen, so hatte ich jetzt Angst zu gehen. Denn ich befürchtete, dass er sich etwas antun könnte.

Wie der „Deus ex Machina“ kam Richard plötzlich in Maxim’s Zimmer, nahm ihn auf den Arm, ging mit ihm ins Wohnzimmer, legte sich mit ihm auf die Couch und hielt ihn fest umarmt, bis Maxim eingeschlafen war. Das Wutmonster zog sich wieder zurück.

Wir wissen, dass Maxim’s Wutausbrüche zum einen mit der Situation unter den Jungen in seiner Klasse zu tun haben können. Zum anderen sind sie aber auch ein erneuter Schub in seiner Traumaverarbeitung, bei der wir ihm helfen müssen. In dem Moment, wo sein Leben für ihn in sicheren und geordneten Bahnen verläuft, er sich sicher fühlt, er auf eine stabile Bindung zu Richard und mir bauen kann, kommt die unermessliche Wut hoch. Die Wut auf das, was er als kleines Kind entbehren musste, die Wut und der Schmerz aus seinen frühkindlichen Verletzungen. Sie äußert sich in genau dem Gegenteil, in dem Zorn und der Ablehnung von allem, was er nun hat und was ihm gut tut. Irgendwann wird Maxim diese Wut verarbeitet haben, aber es wird immer wieder Situationen in seinem Leben geben, in denen sie zurückkehren wird. Das „Wutmonster“ ist sein ständiger Begleiter. Wir können ihm nur helfen, einen anderen Umgang damit zu finden. Ich werde versuchen, nicht mehr auf die Tanzeinladungen seines „Wutmonsters“ einzusteigen. In seiner Therapie werden wir wieder mehr an seiner Wut arbeiten. Und er bekommt vom Christkind einen Boxsack!