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Vor ein paar Wochen waren die Zweifel wieder sehr groß. Die Herbstzweifel hatten mich fest im Griff. Mittlerweile geht es wieder. So wie es immer irgendwie weitergeht. Auch wenn die Herausforderungen bleiben und mein Kräftekonto noch nicht wieder aufgeladen ist. Als ich am vergangenen Wochenende Sylvi’s Beitrag „Ihr seid doof. Ich zieh aus!“ auf ihrem Blog momsfavoritesandmore gelesen habe, musste ich im ersten Moment schmunzeln. Ich kann von Glück reden, dass meine Kinder noch nicht auf die Idee gekommen sind, auszuziehen. Auch wenn beide in der Zahnlückenpubertät sind – Nadeschda in der ersten und Maxim nun in der zweiten, bei ihm sind jetzt die Eck- und Backenzähne fällig – und Wutanfälle in mehr oder großer Intensität nicht nur wegen des Zahnwechsels bei uns an der Tagesordnung stehen. Im zweiten Moment musste ich Sylvi Gedankenversunken zustimmen. Ja, es ist schwierig, diese Grenzerfahrungen auszuhalten und sie so zu bewältigen, dass man sich hinterher noch im Spiegel ansehen kann. Wie sehr liebe ich Sylvi’s Aussage: „Aufstehen, Krönchen richten und weiter machen!“ Ich glaube, diesen Satz muss ich mir über meinen Spiegel im Bad hängen.
Über Sylvi’s Post bin ich auf die Aktion von „Lotte & Lieke“ zu „#momsposititvity“ aufmerksam geworden und mache gerne mit. Denn ja, nach allen Zweifeln und gerade nach besonders schlechten oder herausfordernden Tagen gibt es genau die Momente, in denen ich merke, wie stark ich doch bin; in denen ich spüre, wie wir doch auf einem guten Weg sind, wie alles sich finden wird; ich mich in mehr Gelassenheit üben kann, ich auf meine Ressourcen etwas Rücksicht nehme und tatsächlich mal nicht so viel an meine langen To Do Listen denke. Oder daran denke, was ich eigentlich noch alles schönes mit den Kindern machen wollte. Wenn ich mir Mantra-artig den Satz unserer ehemaligen Jugendamtsbetreuerin vorsage: „Du bist als Mutter gut genug.“ Dann kann ich mir (fast) auf die Schulter klopfen und mir sagen „Ja, das ist alles gut so. Das hast Du wirklich gut hinbekommen.“ Gerade wenn:
- mir Maxim vorliest und es sich so wunderbar anhört. Oder er selbstständig seine Hausaufgaben macht. Oder er ohne zu murren das Kleine 1×1 mit mir übt und es extrem gut klappt. Oder wenn Nadeschda sich hinsetzt und einfach schreibt und ohne jegliches Theater ihre Hausaufgaben macht. Dann weiss ich, dass all die Mühen des täglichen Üben sich auszahlen.
- Maxim freiwillig für ein Trompetenvorspiel übt und ganz stolz ist, dass es so gut geklappt hat.
- Nadeschda mit großer Begeisterung auf eine Halloweenparty bei einer Klassenkameradin geht. Wie viele Jahre hatte sie solche Angst vor diesem Tag, wenn abends gruselig verkleidete Kinder durch die Straßen ziehen. Wie mutig und tapfer sie geworden ist.
- Maxim so selbstreflektiert mit der Situation mit Leander in der Schule umgeht. Wie innerlich stark doch mein Sohn ist!
- beide Kinder mir stürmisch in der Schule in die Arme laufen.
- wir einen Nachmittag verbringen, an dem beide Kinder friedlich mit einander spielen, ohne sich zu streiten.
- wir ein friedliches Abendessen verbringen, wo beide Kinder mir stolz von ihrem Tag erzählen oder wir Pläne schmieden und beide danach von sich aus aufstehen, den Tisch abräumen, die Spülmaschine ohne Meinungsverschiedenheiten befüllen, den Tisch abwischen und am Ende zufrieden feststellen: „Mama jetzt ist alles wieder blitzeblank.“
- abends beim Vorlesen, auch wenn es kurz vorher noch im Bad wieder einmal ein Drama gegeben hat, beide Kinder sich an mich kuscheln und wir gemeinsam über die Geschichte im Buch lauthals lachen.
Momente wie diese gibt es viele, sie gehen nur viel zu oft im Alltag unter. Doch genauso fühle ich mich immer wieder stark, gelassen und ein wenig zufrieden mit mir selbst, wenn:
- mein Haushalt und unser Alltag nicht vollständig brach liegen wegen eines kranken Kindes – oder wenn es mich selbst erwischt hat – und wenn ich dennoch Momente finde, die von der Krankheit geschenkte Entschleunigung mit meinem Kind zu genießen.
- ich mich erinnere, klare Prioritäten zu setzen und mich nur um das zu kümmern, was wirklich wichtig ist.
- ich mir bewusst mache, was ich trotz aller Herausforderungen in meinem Alltag doch noch darüber hinaus bewältige: Mein Buch, dieser Blog, meine Ausbildung, ein wenig Arbeit.
Heilsam im Sinne eines positiven Denkens sind für mich auch immer wieder meine „Sonntagslieblinge“. Mich immer wieder hinzusetzen und mir ins Bewusstsein zu rufen, was wirklich schön in der abgelaufenen Woche war, worüber ich mich gefreut habe und wofür ich dankbar bin. Denn nur aus mir selbst heraus kommt die innere Stärke, Zuversicht und der unerschütterliche Glaube, dass ich als Mutter gut genug bin für meine Kinder, für die ich so unendlich dankbar bin.